25. März 2021
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Mut tut gut!

Sophie traut sich nicht ihren Freund Max anzurufen, um ein Treffen abzusagen. Sie merkt, sie hat Angst. Oft hat sie schon erlebt, dass er sie bei solchen Anlässen genervt und unwirsch anfährt. Ungerechtfertigt und für sie nicht nachvollziehbar.

Ich höre das von Sophie und mach mir so meine Gedanken …

Warum tue ich was ich tue? Und, warum tue ich etwas nicht, das ich eigentlich gerne tun würde?

Wieso glaube ich, alles tun zu müssen, damit der andere nur ja nicht zornig, grantig, wütend, unzufrieden, frustriert reagiert?

Will ich den anderen vor unangenehmen Gefühlen bewahren oder will ich mich selbst vor den Gefühlen des anderen bewahren? Fühle ich mich verantwortlich für die Gefühle des anderen? Fühle ich mich schuldig? Sehe ich mich als Verursacherin der Gefühle des anderen und fühle ich mich deswegen schlecht?

Angst?

Habe ich Angst vor negativen Folgen, die mich treffen könnten, wenn ich sage, was ich denke? Habe ich Angst, angeschrien und beschimpft zu werden vom anderen? Ist es eine Angst, dass sich etwas aus der Vergangenheit wiederholt? Etwas, das ich schon einmal mit diesem Menschen erlebt habe? Angst vor den – mir vertrauten – Reaktionen des Gegenübers? Oder ist es eine Angst vor etwas, das schon länger her ist und mit meiner gegenwärtigen Beziehung gar nichts zu tun hat?

Es kann verschiedene Ursachen für mein Verhalten geben. Jedenfalls endet es in der Selbstverleugnung und im Selbstverrat, wenn ich aus Angst vermeide, Dinge zu tun, zu sagen, zu denken.

Aktuelle Beziehung?  

Ich kann mich fragen: Tut mir das gut, mit einem Menschen zusammen zu sein, der mich immer wieder anschreit? Was sagt es über diesen Menschen aus, wenn er mich beschimpfen muss? Will ich an einen Menschen gebunden bleiben, vor dem ich so eine Angst habe?

Ich kann mich mit meiner Angst auseinandersetzen und versuchen, mir den Respekt des anderen Menschen zu erarbeiten. Wenn mir das nicht gelingt und ich den Respekt von diesem Menschen nicht kriege, ist es vielleicht besser, mich aus dieser Bindung zu lösen. Auch wenn es weh tut.

Deshalb gilt es, das Vermeiden zu vermeiden. Zu sagen was ich sagen will. Nur so zeigt sich, was wirklich passieren wird. Wie der andere Mensch wirklich ist.

Alte Geschichten?

Entspringt meine Angst vielleicht aber auch aus erlebten Erfahrungen, die länger zurück liegen und mit meiner aktuellen Beziehung gar nichts zu tun hat? Habe ich Angst, dass so etwas passieren könnte wie damals, als ich noch klein und hilflos war und von einer meiner Bezugspersonen immer wieder angeschrien wurde, wenn ich einen Fehler gemacht habe? Hat sich diese Angst möglicherweise in mir angesammelt und ist mir zur Gewohnheit geworden? Fühlt es sich mittlerweile vielleicht sogar „normal“ für mich an?

Dann ist es noch wichtiger das Vermeiden zu vermeiden, um mir selbst zu beweisen: „Nein, heute passiert es nicht. Heute ärgert sich jemand ein bisschen, aber er schreit mich nicht an.“

Zu sich stehen

Sophie will das gleich ausprobieren. Mutig greift sie zum Handy, holt dreimal tief Luft und ruft Max an: „Hallo Max. Ich muss leider unser Treffen absagen, weil ich zu müde bin. Es tut mir leid. […] Nein, es geht wirklich nicht. Ich lege jetzt auf. Ruf mich doch bitte übermorgen wieder an.“

Nach dem Auflegen merkt Sophie: „Zu sich selbst stehen tut einfach gut.“

Manche von uns haben im Laufe ihrer Lebensgeschichte gelernt, in bestimmten Situationen besser nichts zu sagen und hinunterzuschlucken. Meist dient so ein Verhalten dem Selbstschutz. Besonders in Beziehungen, wo wir von unseren Mitmenschen abhängig sind. Mein Vermeidungsverhalten hatte also früher einmal einen guten Grund. Nur, wenn es dann zur allgemeinen Lebensstrategie wird, kann es viele Nachteile mit sich bringen und sogar krank machen.

Das heißt jetzt nicht, dass Sie fortan immer alles sagen sollen, was Sie denken. Denn manchmal ist es wirklich klüger, still zu sein. Die Frage ist vielmehr, ob Sie diese Vorgehensweise überall in Ihrem Leben aufrecht erhalten. Auch in Situationen, die eigentlich ungefährlich sind und in denen Ihnen nichts passieren kann.

Herzlich
Ihre
Simone Fröch

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