Wie können Sie den Kopf über Wasser halten, wenn Sie von den Gefühlen der Anderen überschwemmt werden?
Zuerst einmal müssen Sie es merken: Erkennen, dass es so ist, wie es ist. Dass Sie Ihr Gefühl von vorher verloren haben. Und ganz vom Gefühl des Anderen gefangen genommen sind.
Wie können Sie das bemerken?
Vielleicht zuerst einmal einfach nur dadurch, dass Sie sich selbst gut beobachten. Darauf achten. Auf sich. Innehalten und sich bewusst machen, immer wieder, wie es Ihnen geht, wie Sie sich fühlen, was Sie denken, wie Ihre körperlichen Empfindungen sind. In welcher Stimmung Sie sich gefühlsmäßig befinden. Um dann auch zu merken, wenn es plötzlich oder allmählich anders wird. Und zwar so ganz anders. Ganz anders als vorher.
Sie können Ihren Gefühlen eine Farbe geben
Lina ist guter Dinge. Sie freut sich des Lebens. Reiten fühlt sich manchmal an wie fliegen. Der Himmel war blau am Reiterhof und die Sonne hat ihr warmes Licht verschenkt. Linas Herz tanzt noch immer. Für ihre Gefühle und ihre Stimmung wählt Lina auf der Heimfahrt die Farben himmelblau und sonnengelb.
Dann ruft ihr Freund Heinrich an. Er ist pensioniert und lebt allein in der Großstadt. Lina begrüßt ihn mit einem fröhlichen „Hallo“.
Keine Antwort.
Sie sagt noch einmal „Hallo.“
Dann hört sie Heinrichs zögerliche Stimme.
Lina merkt, wie ihre fliegenden fröhlich leichten Gefühle vergehen, wie Luftballons, denen das Helium ausgeht, während sie in die Höhe steigen. Wie die Ballons allmählich in der Luft hängen bleiben und immer mehr nach unten auf den Boden sinken.
Lina hört Heinrich zu. Seine Stimme klingt leise. Er redet langsam. Stockt manchmal. Seufzt. Je länger sie ihm zuhört, umso mehr fühlt es sich für sie an, als wenn Bleigewichte an den Luftballon-Schnüren befestigt wären, die die Gefühlsluftballons nach unten ziehen.
Lina hört Heinrich zu: Er will nicht herausrücken, mit der Sprache, sagt nicht, was ihn bedrückt. Für Lina klingt er aber bedrückt. Sie stellt sich vor, wie er wegen der Corona-Maßnahmen allein in seiner Wohnung sitzt den ganzen Tag. In der Stille versinkt.
Als sie sich verabschiedet und das Handy weglegt, ist Linas himmelblaues sonnengelbes Gefühl von vorher verschwunden. Es ist jetzt ein ganz anderes Gefühl da, füllt sie ganz aus. Sie gibt diesem Gefühl, ihrer neuen Stimmung, in der sie sich jetzt befindet, eine Farbe, die dazu passt.
Farbloses, steiniges Grau.
Erkennen und Benennen
Wenn Sie erkennen, dass Sie durch das Gefühl eines anderen Menschen in eine andere – nämlich seine – Gefühlswelt rutschen, kann das schon ganz viel verändern.
Sie können sich dann sagen: „Ah, jetzt geht es mir wieder so. Mein Gefühl von vorhin ist verschwunden. Ich fühle mich jetzt ganz anders.“
Damit gewinnen Sie ein Stück weit Kontrolle oder zumindest Außenperspektive. Sie schauen von außen auf sich drauf. Das kann Ihnen helfen, sich vom gerade vorherrschenden Gefühl zu distanzieren und zum eigenen Gefühl zurückzukommen.
Probieren Sie es aus
Vielleicht gelingt das am Anfang auch nur rückblickend. Im Sinne einer Rückschau oder einer Tages- bzw. Stimmungsreflexion. Indem Sie Ihrer Stimmung von vorher eine Farbe geben, also bevor Sie einen bestimmten Menschen getroffen haben. Und schauen, welche Farbe zu Ihrer Stimmung von nachher passt.
Viel Freude beim Ausprobieren.
Herzlich
Ihre
Simone Fröch
P.S. Ich freue mich über Kommentare und über jede Rückmeldung, Frage und Anregung per E-Mail an mail@simone-froech.at